Rechtschreibung fördern

  bei LRS / Legasthenie

LRS-Förderung

 

Rechtschreibfehler genau analysieren

Wenn ein Kind Rechtschreibprobleme hat, erlebt es häufig Frust über die vielen rot markierten Fehler in seinen Aufsätzen, Hausaufgaben oder Diktaten. Die Menge der Fehler erschlägt das Kind und oft auch die Eltern: "Was hast du da nur wieder gemacht?!"

 

Dabei macht das Kind die Fehler

  • weder absichtlich
  • noch aus "Schusseligkeit"
  • oder aus Dummheit! 


Eine Lehrkraft in der Schule kann leider nicht für jedes einzelne Kind eine genaue Analyse seiner Fehler vornehmen.  

Dabei ist die Zuordnung der vielen Fehler zu einzelnen Fehlerbereichen wichtig, um den Weg zu sehen und das Ziel wieder näher vor Augen zu bekommen.

Das Kind macht die Hälfte der Fehler in einem bestimmten Bereich? Dann fängt man am besten genau hier mit der Förderung an!


"Der Bereich der Mitlautverdopplung fällt dir besonders schwer, mehr als die Hälfte deiner Fehler gehen darauf zurück. Wenn wir daran arbeiten, wirst du dich also sehr verbessern!“

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Rechtschreibung fördern bei LRS/Legasthenie

Bei Kindern mit Rechtschreibschwierigkeiten werden nicht genügend Bausteine in ihrer korrekten Schreibung gespeichert und - oder – das Gehirn bildet nicht genügend innere Regeln. Diese Kinder brauchen also eine möglichst einfache Erklärung, wie sie ans Ziel kommen können. Das Ziel heißt: sich im Zweifelsfall für die richtige Schreibung zu entscheiden.

Dafür zeige ich ihnen die logischen Muster, die hinter den meisten Schreibungen stecken:

1. Wir haben eine Bausteinsprache

2. Im Wortstamm geht es logisch zu

3. Kleine, häufige Wörter sind Merkwörter

 

1. Bausteine

Das Erkennen der Bausteine, aus denen unsere Wörter bestehen, ist die Grundlage zum Verständnis ihrer Schreibung. Die Bausteine sind:

  • Vorbausteine (der Begriff „Vorsilbe“ trifft nur auf einen Teil der Vorbausteine zu. Um bei der Arbeit mit Kindern hier nicht auf diesen Unterschied eingehen zu müssen, bezeichne ich alle als „Vorbausteine“)
  • Stämme/Hauptbausteine
  • Endungen

 

Beispiel „verfährt

Dieses Wort kann nur richtig schreiben, wer erkennt, dass es sich beim ersten Baustein um den Vorbaustein „ver“ handelt, den man vor sehr, sehr vielen Stämmen findet. Einen Vorbaustein kann man in der Regel abbauen. Danach bleibt mindestens der Stamm übrig. Den Stamm „fähr“ wird nur richtig schreiben, wer ihn auf seine Bedeutung hin überprüft und ihn dann dem Stamm „fahr“ zuordnet. Die t-Endung ist eine typische Verb-Endung.

Schreibungen wie „ferfert“ oder „ferferd“ zeigen, dass dem Kind nicht bewusst ist, welche Bausteine in dem Wort stecken. Wir können mit diesem Beispiel auch ganz klar zeigen, dass wir nicht so schreiben, wie wir es hören. Der richtigen Schreibung liegt immer auch die Kenntnis der Bausteine eines Wortes zugrunde.

 

2. Logisches Muster im Wortstamm

Die Logik der Schreibung unserer Wortstämme orientiert sich an der Aussprache der Vokale.

Wir haben nicht 5 Vokallaute + 3 Umlaute, sondern 16 Vokallaute, die sich mit 5+3 Zeichen begnügen müssen.

Daher brauchen wir einen Trick, um dem Leser mitzuteilen, welchen Vokallaut er sprechen muss.

Spielen wir das nur mit einem Lautpaar durch. Wir haben zwei verschiedene o-Laute. Sprechen Sie den Anfang der Worte „der Ofen“ und „offen“ deutlich und betrachten Sie dabei Ihre Lippen im Spiegel. Sie können auch hier auf meiner Seite „Rechtschreibung logisch“ mehr dazu finden oder sich dieses Hörbeispiel anhören.

Das kurze, offen gesprochene /Ͻ/, mit dem „offen“ beginnt, unterscheidet sich nicht nur durch seine Kürze vom /o:/ des Wortes „Ofen“.

Die Schreibung mit einem oder mit zwei „f“-Zeichen ist der Trick, den wir anwenden, um dem Leser zu verraten, welchen o-Laut er bilden soll.

Die Zahl der Mitlaute nach dem Vokallaut dient nur als Aussprachehilfe.

Das verstehen Kinder, wenn man mit ihnen zuvor geübt hat, ein /o:/ von einem /Ͻ/ zu unterscheiden. Erklärungen und spielerische Übungsideen dazu sind in meinem Buch „Rechtschreibung logisch“ zu finden. So weit – so logisch.


Leider nicht logisch zu erklären sind folgende Schreibungen:

<oh> für langes o (/o:/)

<oo> für langes o (/o:/)

Allerdings sind sie seltene Schreibungen:

10,8 % fallen auf die oh-Schreibung, 0,18% auf die oo-Schreibung*

* So in: Günther Thomé: „Deutsche Orthographie – historisch –systematisch – didaktisch“ 2., verbesserte Auflage 2019, Seite 56 

Knapp 90 % der Wörter mit einem langen o (/o:/) verwenden also das Zeichen <o>. Diesem Zeichen folgt dann in aller Regel nur 1 Mitlaut im Stamm.

Damit liegt es nahe, Kindern zunächst die Schreibung zu vermitteln, die für knapp 90% der Wörter richtig ist. Auf Wörter mit dem seltenen „Stummen h“ oder der noch selteneren oo-Schreibung kann man später immer noch eingehen – und stets mit der Anmerkung, dass es sich hier eben um seltene oder Sonderschreibungen handelt.

 

3. Merkwörter, klein und häufig benutzt

Unsere häufig gebrauchten „Miniwörter“ sind mit Sicherheit für einen guten Teil von Rechtschreibfehlern verantwortlich. Sie halten sich nicht an das logische Muster, das im Wortstamm gilt (kurzer Selbstlaut + 2 Mitlaute, langer Selbstlaut + 1 Mitlaut):

Kinn, Sinn, Beginn, Gewinn | aber „in“ oder „hin“

Grimm, schlimm, -stimm-     | aber „im“

Robbe, robben                     | aber „ob“


Wer diese unterschiedlichen Schreibungen nicht sicher speichert, kann durcheinander kommen.


Ein Beispiel: Die Schreibung „inn*“ für „in“ ist rot markiert. Das Kind beginnt möglicherweise gerade, die Mitlautverdopplung wie in „Kinn“, „Sinn“, „Beginn“ oder „Gewinn“ zu entdecken. Daher hat es auch für „in“ diese Schreibweise gewählt. Es braucht an dieser Stelle dringend eine Erklärung:


„Du hast ‚in‘ mit <nn> geschrieben. Das hast du sehr gut überlegt. Es gibt einige Wörter, die genauso klingen wie unser kurzes Wort ‚in‘ und wirklich mit <nn> geschrieben werden. Die Schreibung mit <nn> ist sogar die normale Schreibung, wenn du so ein kurzes /i/ hörst. Lass uns ein paar Wörter mit der Gruppe ‚inn‘ im Stamm sammeln (Kinn, gewinnen, beginnen, Sinn, Rinne, Spinne, spinnen…)

Die meisten Miniwörter brauchen wir sehr oft. Darum soll das Schreiben schnell gehen. Sie werden daher extra kurz und klein gehalten. Du musst dir ihre besondere Schreibung merken. So ist es auch mit dem kleinen Wörtchen ‚in‘.“


Wird diese Gruppe der kleinen, häufigen Wörter als solche erkannt, gewinnt das Kind ein ganzes Stück mehr Sicherheit beim Schreiben. 


Umgang mit Fehlern

Nehmen wir die falsche Schreibung eines Wortes doch ganz einfach ernst.


Ah, ich sehe, du hast „geschafft“ mit einem „f“ geschrieben. Lass uns überlegen. Welche Bausteine entdeckst du denn in deinem Wort? Genau ge-schaff-t. Der Stamm heißt „schaff“. Wie klingt nun das „a“ in diesem Stamm? Richtig, ganz kurz. Sprich es doch einmal lang. Ja, das geht! Merkst du, dass aus deinem Stamm ein Tier geworden ist? Wie wollen wir die beiden aufschreiben?



das Schaf



ge- schaf*-t  ?


Bei gleicher Schreibung würde ich die beiden Stämme auch gerne gleich sprechen. Hast du also eine andere Idee? Ja, genau, das weißt du schon: Einer der beiden sollte nach dem „a“ ein „ff“ haben. Aber wer? Du meinst, das Tier? Lass mal sehen. Das Wort „Schaf“ klingt wirklich sehr lang. Mit „ff“ würde es auf dem Papier auch lang aussehen. Das wäre schön. Aber es ist anders. Stell dir vor, die Buchstaben nehmen Platz auf einer Bank. Neben ein sehr dickes (langes) „a“ passt dann nur noch ein einziges „f“. Das kurze „a“ im Stamm „schaff“ macht sich dagegen so dünn, dass locker zwei „f“ daneben Platz finden.

das Schaf                   | ge-schaff-t

Lass uns die Bank malen mit dem dicken „a“ und einem „f“ und dann die gleiche Bank mit dem dünnen „a“ und dem Doppel-f. So kannst du dir bestimmt bald merken, welcher Stamm das Doppel-f bekommt.


So kann Rechtschreibung sogar Spaß machen – übrigens nicht nur dem Kind!