Von Bausteinen und Silben
Bausteine bestimmen die Schreibung
Unsere Worte sind aus Bausteinen (Morphemen) aufgebaut. Die Bausteine brauchen wir, um den Sinn der Worte zu erschließen.
auf + schreib + en Stamm: schreib
auf – schrei – ben Silbe: schrei
Den Sinn des Wortes versteht, wer den Stamm versteht und seine Bedeutungsveränderung durch den Vorbaustein „auf“ kennt.
Beim Lesen haben gute Leser auffällige Blicksprünge – die Augen erfassen die Vorbausteine sowie die Endungen und springen dann zum wichtigsten Teil, dem Stamm. Auch die Schreibung vieler Wörter versteht man erst, wenn man ihre Gliederung in Bausteine begreift.
per Nach+nahm+e schicken der Nach+nam+e
ich kann+te eine Stelle… die Kant+e (kant+ig, Kant+holz)
Die Rechtschreibung der bedeutungstragenden Wörter orientiert sich 1. an den Bausteinen, aus denen die Wörter bestehen und 2. am Vokallaut im Wortstamm.
zum 1. Punkt: Rechtschreibung und ihr Zusammenhang mit den Bausteinen:
Beispiel „Ehrung“ – Bedeutung des Stammes „ehr“ steckt in:
die Ehre, geehrt, verehren, ehrlich, ehrlos, ehrenvoll, ehrbar, ehrwürdig…
Die Aussprache des Bausteines „ehr“ ist identisch mit der Aussprache des Personalpronomens „er“. Das „h“ dient vermutlich der Unterscheidung. Wenn ein Wort also auf den Stamm „ehr“ zurückgeht, erkennen wir es an genau dieser Schreibung. Etwas „Ehrwürdiges“ ist zum Beispiel der „Ehre würdig“ oder wert, geehrt zu werden.
zum 2. Punkt: Umsetzung der Laute beim Rechtschreiben:
Beispiel: miss (noch einmal nach!) (der) Mist mies
Im Zentrum steht der Stammvokal, also der Selbstlaut im Stamm – hier das „i“.
Zwischen dem Stammvokal und der Zahl der folgenden Konsonanten besteht ein Zusammenhang:
Kurzem /i/ folgen 2 Konsonanten – miss!, Mist
Langem /i:/ folgt 1 Konsonant - mies
Beispiel: gieß/goss
Langes /i:/ - also 1 Konsonant – ß
kurzes/Ͻ/ - also 2 Konsonanten - ss
Silben
Sprache hat einen Rhythmus. In diesen Bereich gehören die Silben. Gedichte und Lieder arbeiten mit dem Rhythmus der Sprache, mit dem Wechsel von betonten und unbetonten Silben. Beim Schreiben denken gute Rechtschreiber in lautlich korrekt gesprochenen Silben mit.
Silben korrekt einteilen kann, wer die Laute bereits richtig erfasst hat.
Anders gesagt: Kinder, die ein langes nicht von einem kurzen „a“ unterscheiden können, klatschen nur zufällig richtig – also in etwa der Hälfte der Fälle. Sonst klatschen sie zum Beispiel: „rad-deln*“ statt „ra-deln“ oder „A-fe*“ statt „Af-fe“.
Warum schreiben Kinder "wollen" richtig, "wollte" aber sehr oft falsch?
Wer mit Kindern im Bereich Rechtschreibförderung arbeitet, kennt das:
wollt, wollte, sollte, sollt, kommt, rollt, rollte... werden von Kindern immer wieder ohne Doppelkonsonanten geschrieben.
Nicht umsonst gibt es zahlreiche Arbeitsblätter und Übungen zum Thema „ t-Signal" oder „t-Endung".
Der Doppelkonsonant lässt sich hier nicht direkt klatschen:
wollt (1 Silbe), woll-te (kein zweites „l" zu bemerken)
Hier muss immer der Umweg über die Grundform genommen werden.
Das ist umständlich.
Schwierig sind auch Silben wie:
wol - len woll - te hof-fen (der) Hof Hoff - nung
Bei "hof-fen" zum Beispiel wird das "o" der 1. Silbe ganz anders ausgesprochen als im einsilbigen Wort "Hof". Auch hier ist der Weg über die Verlängerung zu "Hö - fe" kompliziert.
Abhilfe: Bausteine und Laute erkennen
Die Kinder lernen, den Wortstamm zu erkennen. Das ist übrigens für viele Bereiche des Lesens und Rechtschreibens wichtig, also immer eine gute Übung!
woll soll komm roll schaff hol
Durch ein Lauttraining lernen sie parallel lange von kurzen Vokalen (Selbstlauten) zu unterscheiden. Dabei macht man sich zunutze, dass unsere 16 Vokallaute sich nicht nur im Hinblick auf ihre Länge und Kürze unterscheiden. Zum Thema /o:/ - /Ͻ/ können Sie sich den Anfang dieses Tonbeispiels anhören.
Gelingt es den Kindern, die Laute zu erkennen, dann gelingt es ihnen auch, ohne Umweg zum Ziel zu kommen. Das Ziel ist die richtige Schreibung:
Max schafft das - Stamm „schaff“ - kurzes „a“, also „ff“
Die Schafherde - Stamm „schaf“ - langes „a“, also „f“
Ich wollte - Stamm „woll" - kurzes /Ͻ/, also „ll"
Anna holt - Stamm „hol" - langes /o:/, also „l"